Schulhaus Zeichnung um 1800

Historisch 

bedeutende Gebäude 

in Hemishofen

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Schulhaus 2021. Aufnahme Hansueli Holzer

Das ehemalige Schulhaus 

Mit Recht darf Hemishofen das schönste Schulhaus des Kantons, was sein Äusseres anbetrifft, für sich beanspruchen. An der aus eichenem Fachwerk bestehenden Ostfassade kann man den Türspruch lesen: «An Gottes Sägen ist alles glägen. Gott segne unser aller In- und Ussgang.» Die Schrift lässt ein ehrwürdiges Alter vermuten. Lange war man über das genaue Baudatum im Ungewissen, bis Stadtarchivar Max Ambühl auf eine Notiz stiess, wonach der Bau 1660 erfolgte. Aus dieser Zeit ist aber einzig die Ostfassade erhalten geblieben. Die anderen Hausmauern samt dem auf der Westseite angebauten Betsaal mit Schulzimmer sind 1830 abgebrochen und das Haus, in seinem Äussern seinem Vorgänger angeglichen, wieder aufgebaut worden. 

Hier wohnte von 1784 bis 1801 Johannes Büel der Dorflehrer und spätere Hofrat.

Von 1798 bis 1801 hatte das Haus im Wechsel französische, österreichische und russische Einquartierung.

Im Sommer 2021 musste der Schulbetrieb mangels Schüler aufgegeben werden.


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Am 17. Dez.1660 fand die Einweihung des Schulhauses statt.

1712 wurde das Türmchen aufgesetzt und die Schlaguhr angebracht.

Schule in Hemishofen  

Wie haben wir uns diese Schule vorzustellen? Zunächst sassen die Kinder zusammengepfercht in einer Bauernstube. Nach dem Bau des Schulhauses 1660 dürften sich die Platzverhältnisse etwas gebessert haben. In einer stickigen und keineswegs ruhigen Atmosphäre lernten sie lesen und schreiben. Vor allem aber wurden viele Bibelsprüche, Katechismusfragen und -antworten auswendig gelernt. (Der Katechismus ist seit dem 16. Jahrhundert ein Handbuch der Unterweisung in den Grundfragen des christlichen Glaubens.)

Gerechnet wurde nur in Ausnahmefällen und dies ausschliesslich mit den Buben. Mangelte es an Fleiss, half der Schulmeister mit der Rute nach. Etwelche Verbesserungen dürfte die Steiner Schulordnung von 1710 gebracht haben. Diese Ordnung verbot ausdrücklich den Gebrauch des Steckens in der Schule. Wurde ein Kind zu Hause für Arbeiten gebraucht, blieb es eben der Schule fern.
Der Unterricht dauerte Sommer und Winter am Morgen von acht bis elf Uhr und am Nachmittag von zwölf bis drei Uhr. Dienstag- und Donnerstagnachmittag waren schulfrei. Am Samstag endete die Schule schon um zehn Uhr. Für die Mädchen war der Schulbesuch offenbar nicht obligatorisch; hingegen hatte der Schulmeister bei den Knaben auf die Einhaltung der Unterrichtszeiten achtzugeben. Benötigten Eltern ihre Buben zu Hause, mussten sie zuerst den Lehrer um Erlaubnis bitten. Blieb ein Knabe unentschuldigt der Schule fern, musste der Lehrer mit samt den Schulknaben den Fehlbaren zu Hause abholen und in die Schule führen, wo er nach Verdienst bestraft wurde.

Aus diesen Bestimmungen geht hervor, dass der Rat um einen geregelten Schulbesuch, der auch für das Einkommen des Lehrers wichtig war, besorgt war. Es ist aber kaum vorstellbar, dass die Eltern immer den Lehrer zuerst um Erlaubnis zum Fernbleiben von der Schule fragten. Die Schulzeiten auf dem Lande richteten sich ohnehin nach den landwirtschaftlichen Arbeiten. Die Alltagsschule blieb auf die Wintermonate Oktober bis April beschränkt, während in den Sommermonaten nur an 2 Tagen pro Woche Schule gehalten wurde. Diese Ordnung blieb bis in die Helvetik hinein in Kraft. Sie dürfte in Hemishofen einigermassen konsequent angewendet worden sein, da ab 1730 die Pfarrhelfer auch als Schulmeister amteten.                                                


Examen

Wenn auch die Landleute die Schule eher als ein lästiges Übel empfanden, zeigte doch die Obrigkeit einiges Interesse am Zustand der Schule und an den Fortschritten der Kinder. Darüber geben die Examensberichte einigen Aufschluss. Ein solcher lag 1697 erstmals vor. Im Ratsprotokoll wurde jedoch nur dessen Kenntnisnahme festgestellt. 1755 äusserte der Ramser Obervogt Johann Jakob Stoll seine allgemeine Zufriedenheit, ausgenommen, dass der Gesang unterbliebe. Singen war offenbar nicht gerade die Stärke des Lehrer Graf. 1767 heisst es, dass die Kinder zwar gemächlich lesen, aber wenig schreiben können. Wie hoch das Wirken von Johannes Büel von der Obrigkeit geschätzt wurde, erweist der Bericht vom Examen 1796. Dieses sei «mit grossem Ruhm gegeben und mit vielem Beyfall und Dank angenommen worden.»

Von 1804 an war der Schulbesuch obligatorisch vom 6. bis zum 11 Altersjahr.
Kein Schüler durfte jedoch die Schule verlassen, ehe und lesen konnte, sowie die Hauptfragen des Katechismus nebst einer Anzahl von biblischen Sprüchen auswendig wusste. 

Über der Tür an der Ostwand ist heute noch der Spruch zu lesen:
An Gottes Sägen
Ist alles gelägen
Gott segne unser aller In und Ussgang.


Nach dem Austritt hatten die Knaben bis zum 20. Altersjahr von Martini (11. November) bis anfangs Hornung (Februar) einmal wöchentlich die Nachtschule zu besuchen. In dieser wurde das Gelernte repetiert und geistliche Gesänge eingeübt. Für die Mädchen wurde bis zum Beginn des Konfirmandenunterrichtes wöchentlich zwei Repetierstunden eingeräumt. Hauptfundament der Erziehung blieb nach wie vor die Religion. Vermehrt legte man Wert auf einen regelmässigen Schulbesuch. Fehlbaren Eltern hatte der Ortsgeistliche ins Gewissen zu reden. Fruchtete dieses nicht, erfolgte eine Vorladung vor den Kirchenstand, schliesslich vor den Schulinspektor. Letzte Instanz war der kantonale Schulrat. 

Quelle: Heimatbuch Hemishofen (Fotos 2021 Hansueli Holzer)


Johannes Büel, geboren 1761 in Stein am Rhein, war von 1784 bis 1801 Lehrer und Diakon in Hemishofen. Während dieser Zeit wohnte er in der Lehrerwohnung im Schulhaus. Als er kam, fand er die Schule ganz vernachlässigt vor, wie es ja allgemein mit den Landschulen damals böse bestellt war. Es fehlte an Geld, an ausgebildeten Lehrern und an Schulmaterial. Man wusste nichts von Methodik und Pädagogik. Prügeln war selbstverständlich. Es war das besondere Verdienst Johannes Büels, für die Landschulen unserer Gegend bahnbrechend gewirkt zu haben. Hemishofen erhielt bald den Ruf, die beste Landschule zu besitzen. Andere Gemeinden schickten ihm ihre Schulmeister, damit er ihnen das «Schulehalten» zeige. Der Kanton Schaffhausen ernannte ihn zum Kirchen- und Schulrat. Unterrichtsminister Stapfer berief ihn nach Luzern, um an der eidgenössischen Schulreform mitzuarbeiten. Seine Aufgabe sollte dort sein, ein Elementarbuch, ein Lesebuch und ein Methodenbuch zu schaffen. Büel fühlte sich jedoch in Luzern nicht glücklich und demissionierte nach kurzer Zeit. 

Wieder in Hemishofen, widmete er sich auch der Erwachsenenbildung. Er gründete eine Fortbildungsschule, besprach sich regelmäßig mit den Gemeindevorgesetzten, war Mitglied der Singgesellschaft und gründete eine Lesegesellschaft, ferner eine Gesellschaft «Freunde der öffentlichen Erziehung». Auch wurde er zum Schulinspektor des Distrikts Stein ernannt. 

1801 starb Büels Gattin Louise. Dieser herbe Verlust bewog ihn, seine Heimat zu verlassen. Herzog Ernst von Gotha, der ihm durch die Schwester seiner Frau nahestand, lud ihn zu sich ein. So verließ er denn 1802 sein Dorf Hemishofen und reiste nach Deutschland. 

Am 20. Dezember 1802 ernannte der Herzog von Gotha Johannes Büel zum Bibliothekar in Altenburg mit einem jährlichen Gehalt von 300 Talern und gab ihm gleichzeitig Urlaub auf unbestimmte Zeit. Der russische Graf Browne bat Büel, Hauslehrer bei seinem fünfjährigen Söhnchen Moritz zu werden. Büel nahm an, trotzdem Schaffhausen, das fürchtete ihn zu verlieren, ihn zum Mitglied des Großen Rates und zum Mitglied des Erziehungsrates ernannte. 

Vierzehn Jahre blieb Büel in Wien. Als Hauslehrer und Hausmeister erhielt er 1000 Gulden Jahresgehalt und später eine Pension. 1804 erhielt er zudem den Titel eines herzoglich gothaischen Hofrates zugesprochen von Herzog August, dem Sohn des unterdessen verstorbenen Herzogs Ernst. 

Je älter er wurde, umso mehr trug er sich mit dem Gedanken, wieder nach Stein zu übersiedeln, wohin er denn auch 1829 zog. Sein Testament hatte er schon lange geschrieben. Er hatte eine Familienstiftung verfasst, nebst einem Testament für Verwandte und Bekannte. Die Schulen von Hemishofen, Stein und Vorderbrugg wurden mit einem Fonds bedacht. Ebenso stiftete er einen Fonds für Wöchnerinnen in Hemishofen. Die Familienstiftung sollte männlichen Angehörigen zur Ausbildung dienen und notleidenden Mitgliedern sollte geholfen werden. Die Verwandten, die er bedachte, sollten ihrem Geschlechtsnamen den Namen Büel beifügen also Sulger Büel und Winz Büel heissen.

Ein allgemeiner Kräftezerfall führte am 7. Oktober 1830 zu seinem Tode.  Er wurde auf dem Friedhof in Stein am Rhein begraben. 

Quelle: Ortrun Gehring 1912–2004, Sekundarlehrerin in Schaffhausen

Gedenkschrift Johannes Büel:
https://hemishofen.ch/CMS/get/file/3448a125-66d7-439e-97e4-b4b399876db8


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